Bilanz des Fünften Klimarat-Wochenendes
Klimarat startet in den Endspurt.
„Die Zeit wird knapp. Der Druck steigt“, beschreibt Sebastian Seebauer vom Grazer Joanneum Research die Stimmung am Ende des vorletzten Treffens des Klimarats am Sonntag. Bei einer „Langen Nacht der Wissenschaft“ bewerteten Seebauer und seine Kolleg:innen des wissenschaftlichen Beirats die letzten am Samstag von den Bürger:innen erarbeiteten Maßnahmen zur Erreichung der Klimaneutralität bis 2040. „Wir Wissenschaftler:innen müssen bewerten, ob die vorgeschlagenen Maßnahmen ausreichen, um das Ziel der Klimaneutralität rechtzeitig zu erreichen, oder nicht. Einige Handlungsfelder sind gut Richtung Ziel unterwegs, bei anderen reichen die erarbeiteten Vorschläge aus wissenschaftlicher Sicht noch nicht aus. Das melden wir den Bürger:innen zurück.“
Mit dem wissenschaftlichen Feedback und den Rückmeldungen aus der österreichweiten Umfrage haben die Bürger:innen ihre Empfehlungen in Kleingruppen ausdiskutiert und nachgeschärft, um sie anschließend im großen Plenum vorzustellen. Es folgten teils emotionale Diskussionen. Ging es am Sonntag doch für jeden und jede Einzelne darum, etwaige schwerwiegende Einwände gegen bestimmte Maßnahmen vorzubringen. Denn am Ende des Klimarats Mitte Juni 2022 soll ein Bündel an Empfehlungen feststehen, das von allen Bürger:innen mitgetragen wird.
Der Klimarat fragt Österreich: die Ergebnisse
Von 27. April bis 8. Mai 2022 hat „Mini-Österreich“ ganz Österreich um Rat gefragt. Im Rahmen einer Online-Beteiligung hat der Klimarat um Rückmeldungen zu den bisher erarbeiteten Empfehlungen gebeten. Rund 6.000 Personen sind diesem Aufruf nachgekommen und haben während der zehntägigen Umfrage nicht nur Bewertungen
abgegeben, sondern auch 5.000 eigene Ideen eingebracht. Alle Vorschläge und Ideen dienen einem Ziel: ein klimagesundes Österreich bis 2040. Die Ergebnisse der Umfrage sind am Wochenende in die Arbeit des Klimarats eingeflossen.
Ausgewählte Ergebnisse der Online-Umfrage
Der Klimarat befragte Österreich zu den fünf großen Handlungsfeldern Ernährung & Landnutzung, Mobilität, Wohnen, Produktion & Konsum sowie Energie.
Ernährung & Landnutzung:
Größte Uneinigkeit zeigte sich beim Vorschlag des Klimarats, die Produktion und den Konsum tierischer Produkte, insbesondere Fleisch deutlich zu reduzieren und gleichzeitig vegetarische und vegane Ernährung zu unterstützen und zu fördern. Viel Zustimmung fand dagegen der Vorschlag, dass Obst und Gemüse, das nicht der Norm entspricht, gleichwertig in den Handel kommen solle, um die Vernichtung von Lebensmitteln zu verringern. Ebenso fand die Forderung, dass es für Konsument: innen einfacher sein müsse, sich bewusst, regional und nachhaltig zu ernähren, große Zustimmung.
Mobilität:
Der Vorschlag nach einer Geschwindigkeitsbegrenzung auf 30 km/h im Ortsgebiet wurde vom Klimarat eingebracht. Obwohl eine deutliche Mehrzahl der Personen, die diese Aussage bewertet haben, diesem Vorschlag zustimmten, lehnte ihn eine kleinere Gruppe von Teilnehmenden ebenso deutlich ab. Ähnlich war es auch beim Vorschlag nach der
Beschränkung auf 100 km/h auf Autobahnen. Sehr große Zustimmung fand der Vorschlag, dass sich Österreich für eine EU-weite Umsetzung der Kerosinsteuer einsetzen soll. Auch der Empfehlung des Klimarates, die Raumordnungskompetenzen der Bürgermeister:innen auf Landesebene zu verschieben, stimmten viele Teilnehmer:innen der Umfrage zu.
Wohnen:
Auf große Zustimmung stieß der Vorschlag des Klimarats, dass die Raumordnungsgesetze im Hinblick auf Klimaschutz strenger werden sollten. Ebenso der Vorschlag, dass jede Gemeinde verpflichtende Erhebungen zu leerstehenden Häusern und Wohnungen machen solle. Besonders uneinig waren sich die Teilnehmer:innen bei folgendem Vorschlag des Klimarats: Eigentümer:innen sollen zu einer klimafreundlichen Sanierung von Häusern und zum Tausch alter Heizungen verpflichtet werden.
Produktion und Konsum:
Im Bereich Produktion und Konsum erhielt der Klimarat-Vorschlag „Verbot der Vernichtung von Neuwaren bei Online-Retourware“ besonders viel Zustimmung bei den Teilnehmer:innen. Ebenso der Vorschlag, dass bereits versiegelte Flächen durch Anlagen zur erneuerbaren Energiegewinnung mehrfach genutzt werden sollen, zum Beispiel Parkplätze von Einkaufszentren. Besonders uneinig waren sich die Teilnehmer:innen der Umfrage zur Rolle Österreichs „als globales Vorbild im Klimaschutz“. Ebenso große Uneinigkeit zeigte sich in der Aussage „Klimaschutz ist so dringend und muss umgesetzt werden, auch wenn zeitnah keine sozialen Ausgleichsmaßnahmen möglich sind“.
Energie:
Große Zustimmung fand sich hier beim Klimarat-Vorschlag: „Der Umstieg auf erneuerbare Energiequellen muss für alle leistbar sein“. Ebenso die Forderung, dass die Selbstversorgung mit erneuerbaren Energien in Gemeinden und bäuerlichen Betrieben gefördert werden solle, und dass öffentliche Gebäude wegen ihrer Vorbildwirkung auf erneuerbare Energien umgestellt werden sollten. Besonders uneinig war man sich bei der Frage, ob die aktuelle Klimaschutzgesetzgebung im Bereich Energie weit genug gehe und bei folgender Aussage: „Aus Klimasicht reicht es nicht aus, auf E-Autos umzusteigen. Ich bin bereit, zukünftig stärker öffentliche Verkehrsmittel zu nutzen, mit dem Rad zu fahren und zu Fuß zu gehen.“
Nächste Schritte
Das sechste und letzte Treffen des Klimarats findet am 11./12. Juni in Salzburg statt. Dort werden die Bürger:innen ihre Empfehlungen an die Politik beschließen. Anschließend wird ein Bericht ausgearbeitet, den die Bürger:innen des Klimarats Anfang Juli 2022 der Öffentlichkeit präsentieren werden.