Bilanz des zweiten Klimarat-Wochenendes
„Große Hebel“ für Ernährung und Landnutzung diskutiert. Bearbeitung aller Handlungsfelder gestartet.
Am Sonntagnachmittag ging das zweite Treffen des Klimarats der Bürgerinnen und Bürger zu Ende. Den Beginn machte am Samstag der Salzburger Agrarlandesrat Josef Schwaiger (ÖVP). Er ermunterte die Bürgerinnen und Bürger zu mutigen Ergebnissen: „An Wissen, was zu tun ist, fehlt es nicht. Wir brauchen keine neuen Papiere, nicht noch mehr Konzeptschreiber. Wir brauchen Mutmacher. Mut zu konkreten Ergebnissen.“ Auch den eigenen Berufsstand nahm er in die Pflicht: „Wenn die Politik sagt, stellt eure Gewohnheiten um, funktioniert das nicht. Erfolgsprojekte sind immer gemeinsame Kraftanstrengungen:“ Als positive Beispiele nannte Schwaiger die Geburtsstunde Österreichs erster Bio-Marke („Ja! Natürlich“) im Salzburger Pinzgau oder das nach zwei gescheiterten Versuchen nun höchst erfolgreiche „Salzburger Land Herkunfts-Zertifikat“ für rund 1.300 Produkte und 130 Gastronomiebetriebe.
Große Hebel, große Wirkung
Anschließend ging es ans Eingemachte, Rohe, Gekochte, Gebackene, Verpackte – und Weggeworfene. Ein Drittel aller Treibhausgasemissionen stehen weltweit mit der Ernährung in Verbindung. Unterstützt durch wissenschaftliche Impulse von Marianne Penker und Martin Schönhart (beide BOKU) widmeten sich die Bürger:innen den großen Hebeln im Handlungsfeld Ernährung und Landnutzung. Hebel sind jene Maßnahmenbereiche, in denen Veränderungen die größten Auswirkungen auf das Klima bewirken. Sie wurden als Leitfragen bearbeitet. Zum Beispiel:
- Wie können wir als Gesellschaft dazu beitragen, dass Essgewohnheiten zuhause klimafreundlicher werden? Wie können wir dazu beitragen, dass die Außer-Haus Verpflegung (Gastronomie, Kantinen) klimafreundlicher wird? Tierische Proteine verzeichnen den höchsten Treibhausgas-Ausstoß, pflanzliche Proteine den niedrigsten. Der Pro-Kopf-Jahres-Verbrauch von Fleisch lag 2019 in Österreich bei ca. 63 Kilo. Das ist Rang 1 für Österreich beim Fleischkonsum in der EU.
Hier wurde auch das Thema Lebensmittelabfälle eingebracht. Bis zu 133 Kilo pro Haushalt und Jahr werden laut Studien der Universität für Bodenkultur weggeworfen. Darüber hinaus stellten Bürger:innen viele Zusatzfragen zum Thema Lebensmittelkennzeichnung an die anwesenden Wissenschaftler:innen, um gute Empfehlungen erarbeiten zu können.
- Wie können wir als Gesellschaft dazu beitragen, dass die landwirtschaftliche Produktion klimafreundlicher wird, und gleichzeitig Kulturlandschaften erhalten bleiben? Welche Rahmenbedingungen braucht es, damit das gelingt? In der österreichischen Landwirtschaft werden derzeit nur 17% des angebauten Getreides direkt für die menschliche Ernährung verwendet. Der Rest wird zur Tierfütterung, in der Industrie und für die Herstellung von Biotreibstoffen eingesetzt.
„Es gab viele Aha-Momente an diesem Wochenende. Das Verständnis für große Zusammenhänge ist gewachsen. Denn wenn wir mit Maßnahmen an einem Rad drehen, müssen wir schauen, was sich bei den anderen Rädern tut“, gibt Georg Tappeiner vom Moderationsteam des Klimarats Einblick und nennt bei der Ernährung die Auswirkungen auf das Klima, aber auch auf die Gesundheit oder die finanzielle Situation der Haushalte.
„Warum tun wir es nicht einfach?“
Am zweiten Tag stellte die Umweltpsychologin Isabella Uhl-Hädicke in einem Vortrag mit dem Titel „Warum tun wir es nicht einfach?“ vor, was uns als Gesellschaft davon abhält klimafreundlich zu handeln. Für nachhaltige gesellschaftliche Änderungen müsse das, was als „normal“ gilt, verändert werden, da wir alle unser Verhalten nach dieser Norm ausrichten. Und all jenen, die selbst wirksam werden wollen, empfahl sie: „Wenn du Nachhaltigkeit voranbringen willst, sei selbst nachhaltig und hinterlasse so viele Spuren wie möglich. Wenn man selber Vorbild ist, kann man Verhalten anderer verändern.“
Klimagesundes Österreich 2040
Sonntagmittag haben sich alle Bürger:innen in den weiteren Schwerpunkt-Teams zusammengefunden und die Arbeit zu Mobilität, Wohnen und Arbeit, Konsum und Produktion sowie Energie aufgenommen, aber auch Ernährung und Landnutzung weiter vertieft. Konkrete Empfehlungen stehen am Ende des Klimarats. Bis dahin legen die Bürger:innen
fest, welche Wirkung sie im jeweiligen Feld erzielen wollen und welche Anliegen unterschiedliche Gruppen haben (z.B. Handel, Produzent:innen, Konsument:innen etc). Anschließend entwickeln die Bürger:innen Handlungsideen, die begleitenden Wissenschaftler:innen schauen auf die Ideen und melden die Größe der Hebelwirkung zurück, die Bürger:innen arbeiten weiter. Am Ende stehen konkrete Empfehlungen, die einem großen Ziel dienen: ein klimagesundes Österreich bis 2040